[10.07.2009]
tff Rudolstadt Juli 2009
Bereits am Donnerstag in unserem Basislager an der Hohenwarte angekommen, hatten wir genügend Zeit, mentale Alltagsschlacke zu entsorgen und konnten am Freitag ganz gelassen tff-Luft in der Innenstadt schnuppern. Das war nicht nur sehr schön (z.B. im Amtsgerichtshof),sondern eine sinnvolle Vorbereitung für unsere planmäßigen Auftritte am Samstag. |
Wie zum Beispiel soll man umgehen mit einem bebrillten Männlein im Kampfanzug, behangen mit jeder Menge Waffenattrappen und allen denkbaren Atributen kämpferischer Naturen, der zu allem Überfluss auch noch eine Trommel besitzt und diese völlig taktlos und ungestört vor der Bühne traktieren darf.
Auch wenn der Bursche - wie uns einige Zuhörer berichteten - so etwas wie ein Rudolstädter Original sein soll und für das Publikum anscheinend einen fragwürdigen Unterhaltungswert hat - die Musiker von "Disse Tied" auf der Neumarktbühne hat er völlig aus der Bahn geworfen. Die neue Stramu-Bühne dort hat für rein akustische Musik ohnehin schon ihre Tücken, bei solchen Störaktionen ist Musizieren dort schlicht unmöglich. Schade, dass der Bühnenverantwortliche selbst nach drängender Ansprache aus dem Publikum keine Anstalten machte, die Musiker aus ihrer misslichen Lage zu befreien. Dass der Trommler an diesem Abend so ziemlich jede Bühne in der Innenstadt ungestört heimsuchte, zwang uns zu ernsthaften Überlegung, wie man mit solch einer Situation fertig wird. |
Ein kurzer Abstecher in den gut gefüllten Handwerkerhof brachte uns noch eine Sorge: wir hatten unsere technische Verstärkung ja bewusst zu Hause gelassen, da sich so etwas für die Straßenmusik eigentlich verbietet. Aber am Samstag Abend dort ohne aufzukreuzen erschien uns genauso unmöglich. Alle Überlegungen, dieses Problem zu lösen, drehten sich jedoch im Kreis. Also Augen zu und durch.
Samstag mittag sind wir in den Heine-Park gezogen und waren vom "Podium am Denkmal" positiv überrascht, da die Veranstalter an Regen- und Sonnenschutz gedacht hatten. 15.30 Uhr war es dann soweit: Der Platz rings ums Podium füllte sich, das Publikum machte es sich auf dem Rasen bequem, rückte ran und so entstand eine sehr familiäre Atmosphäre. Der Trommler vom Vortag hatte sich zwar am benachbarten Bierwagen eingefunden und unsere schlimmsten Befürchtungen wahr werden lassen, trollte sich dann aber doch rechtzeitig zu einer anderen Bühne, was uns den Offensivplan B ersparte. Fazit 16.30 Uhr: Schöne Mugge - die Aufregung wie weggeblasen und ein tolles Publikum. Bierpause. Da das Podium in der nächsten Stunde nicht bespielt wurde blieben wir noch ein Weilchen und schwätzten mit dem Publikum. Unser jüngster Fan, die kleine Janne (5) aus Magdeburg, unterhielt uns mit kessem Kindermund (...ich wiege schon hundert Kilometer!) und Fränker musste sich der Attacken hutklauender Kleinfolker erwehren. Also Aufbruch. Wir schoben den Gedanken an die 22-Uhr-Mugge im Handwerkerhof noch etwas vor uns her und lenkten uns an anderen Bühnen mit guter Musik ab. Micha traf seinen alten Kumpel Bache wieder, mit dem er Ende der 70er deutsche Folksmusik gemacht hat, und schwelgte bis neun in schönen Erinnerungen. |
Gegen halb zehn im Handwerkerhof angekommen, war die Situation dort wie am Vorabend, voll und laut, also nicht wirklich beruhigend. Obwohl eigentlich Pause sein sollte, spielten zwei Staunende Bauklötzer rastlos und ohne Rücksicht auf nachfolgende Musiker französische Tänze in Endlosschleife und ganz gegen unsere gemütliche Natur (eben Sachsen) mussten wir uns - vom Publikum regelrecht gedrängt - unseren Spielplatz vehement einfordern. Wahrscheinlich war es dieser etwas unproduktive Stress, der uns die eigentlichen Befürchtungen vergessen ließ.
Wir haben dann einfach losgelegt und wurden sofort und grandios vom Publikum unterstützt und beflügelt. Der Hof war verstopft, die Leute rückten wieder ran und sangen mit oder stellenweise alleine, ließen erste, zweite, dritte oder gar vierte Stimmen erklingen und uns Gänsehaut wachsen. |
Ein unbeschreiblich schöner Abend. Mit einem Dauersummen im Kopf und ziemlich sprachlos sind wir in unser Basislager gefahren, haben uns ein Saalfelder Bierchen nebst Weinbrand gegönnt und in den Sternenhimmel gestarrt...
Am Sonntag hatten wir ja eigentlich frei, wollten aber unbedingt an unserem Lieblingsbrunnen in der Kirchgasse spielen, was wir den Leuten am Vorabend im Handwerkerhof für 12.00 Uhr auch versprochen hatten. 11.00 Uhr stand Donati Swing auf dem Neumarkt auf unserem Plan, aber unfolkkommen wie wir sind, hatten wir das mit 13.00 Uhr verwechselt und lauschten dafür Rumpelstolz, was auch schön war. Punkt 12 waren wir am Brunnen, dort aber nicht die ersten. Buckijit aus Dresden hatte es sich im Schatten der Hauswand gemütlich gemacht und stellten ihre neue CD vor; eine sehr angenehme Zwangspause. Wir konnten unseren Lieblingsbrunnen schließlich doch noch okkupieren und haben bis vier locker und entspannt aufgespielt. |
Ach ja, fast hätten wir das Wichtigste vergessen: unser neues säggs`sches Liedlein
"Off der Vogelwiese" ist wie schon sein Vorgänger (
"Wenn friehzeitzsch") beim Publikum famos angekommen und straft Umfragen Lügen, denen zufolge das Sächsische der unbeliebteste deutsche Dialekt sein soll...
So, das war das tff Rudolstadt für Unfolkkommen.
Wir sind mit gehörigem Respekt und einem Grummeln im Bauch hin- und schließlich mit einem Kopf voller schöner Eindrücke wieder nach Hause gefahren.
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